3sat | Wenn ich nächste Woche abkratze

Ein Film von Wilfried Hauke.

„Ich habe alles erledigt“, sagt Henny von Schiller und gestikuliert dabei wild mit Rosenschere und Fliederstrauch. „Grabstein, Testament und meine Nachfolge. Wenn ich nächste Woche abkratze, muss der Laden hier doch weiterlaufen.“

Der „Laden“ der 90jährigen Dame ist das St. Johanniskloster in Schleswig, direkt an der malerischen Schlei gelegen. Henny von Schiller ist hier die Chefin. „Priörin“ nennt sie sich offiziell, so etwas wie eine Äbtissin auf norddeutsch. Nonnen leben in dem Kloster schon lange nicht mehr, es ist ein Stift für unverheiratet gebliebene Adelsdamen der Ritterschaft. Aber auch die sind im St. Johanniskloster Mangelware. Zurzeit ist nur „Tante Henny“, wie sie von vielen genannt wird, hier adelig und jungfräulich. Die 26 Wohnungen des Klosters sind von jungen Leuten mit Kindern und ein paar Alten belegt. Eine Mustersiedlung für modernes Mehrgenerationenleben hinter alten Mauern.

Wenn plötzlich wieder eine unangemeldete Gruppe vor ihrem Küchenfenster steht und eine Klosterführung gewünscht ist, schnappt sich Tante Henny dann das Körbchen mit den tausend Schlüsseln und führt durch Kreuzgang, Remter und Kirche.

„Das ist der Kopf des Johannes, den unsere Konventualinnen heute noch küssen müssen, wenn sie ins Kloster ziehen.“ Sie freut sich wie ein Kind, noch immer als Expertin für die Geschichte „ihres“ Klosters gefragt zu sein.

Ein deutsches Sommermärchen von der Schlei über eine tolle Frau mit freiem Sinn, herzlich und wahrhaftig.

Der Kieler Regisseur Wilfried Hauke hat mit seinem Team den Alltag der Henny von Schiller über Monate begleitet und ein höchst unterhaltsames Lebensporträt geschaffen.