NDR | Typisch!: Gibt´s nicht, gibt´s nicht

Ein Film von Christiane Schwarz.

Wolf Blank hat einen Laden, der in Norddeutschland einzigartig ist. Eine Drogerie der alten Form. Farbe steht neben Shampoo, Kondome liegen neben Lampions, Chemikalien lagern neben Holzwürmern, die in glasiger Flüssigkeit schwimmen. Immer nach dem Motto: es gibt nichts, was es nicht gibt. Kosmetik, Laborbedarf, Insektenvernichtungsmittel, eine riesige Kerzenauswahl. Während die meisten Einzelhandeldrogerien dem Konkurrenzdruck von Schlecker und Co weichen mussten, hat sich die Kilia Drogerie von Blank behauptet. Und ist mittlerweile legendär in Bremen. Was vor allem an dem herzlichen Umgang mit der Kundschaft liegt.

„Was kann ich Sie tun, min Deern?“, fragt Wolf Blank die ungefähr 45jährige Kundin. Schaffellpuschen sollen es sein. Gerade nicht oben auf der 37m² großen Ladenfläche, deshalb entschwindet Chef Blank in einem der verwinkelten Lagerräume, um kurze Zeit später mit der richtigen Größe wieder aufzutauchen. Die Regale biegen sich unter der Last von allem erdenklichen Krimskrams. Neben 100 Sorten Seife aus aller Welt stehen 10 Arten Stofffarbe, Tees, getrocknete Kräuter, ätherische Öle, die ersten Silvesterböller, Altarkerzen. Was auf den ersten Blick ramschig wirkt, entpuppt sich als echtes Kleinod. Weiter hinten, im Lager, stehen die Chemikalien, die nicht zur Selbstbedienung taugen und einen ausgebildeten Drogisten fordern. Reagenzgläser in allen Farben, Formen und Größen. In einem der Lagerräume riecht es nach Orient. Das sind die Kräuter und Teesorten, die hier in großen hölzernen Schubladen lagern. „Manche Kunden haben spezielle Teewünsche. Und wenn jemand Tausendschön haben will und sei es einmal im Jahr, dann bekommt er eben Tausendschön.“, erklärt der stolze Besitzer. „Ich bin 70 Jahre alt, aber ans aufhören denk ich nicht. Was meinen Sie, wie viel Spaß mir das hier macht. Der Umgang mit den Kunden, die zufriedenen Gesichter und die Leute, die seit Jahrzehnten kommen…das soll ich gegen ein Rentnersofa tauschen? Kommt nicht in Frage.“

Kilia hat Kunden in ganz Europa, ja sogar der ganzen Welt. Regelmäßig schickt Blank ein Päckchen nach Moskau, weil der Kunde nur Kilia vertraut. Ein graumelierter Herr geht auf Blank zu. „Toller Laden. Wirklich. So was hab ich seit Jahrzehnten nicht gesehen.“ Blank funkelt vergnügt. „Ja, das hör ich mehrmals am Tag. Selbst wenn wir irgendetwas nicht haben, wird es bestellt.“ Viel bringt Blank von seinen Reisen mit. Da sind zum Beispiel die Regenschirme aus Iskia. „Die hatte ein Verkäufer am Strand und ich hab ihm einfach alle abgekauft.“ Seitdem hüten sie den Laden, oder, wie Blank es nennt: sind sehr betriebstreu. Aber so was muss es auch geben.

Blanks Vater war Drogist, die Tochter ist es, bei der Enkelin steht es noch nicht fest. Pi mal Daumen um 10 Uhr schließt Blank den kleinen Laden im Bremer Kiez auf. An der nächsten Ecke fängt Bremens Rotlichtviertel an. Vorher war er schon im Großmarkt oder hat eine Bestellung zur Post gebracht. Zum Mittag fährt er nach Hause, seine Frau kocht. Dann legt er  sich eine Stunde aufs Ohr, um dann bis halb sieben wieder für seine Kundschaft alles geben zu können. „Meine Frau ist froh, dass ich ihr zuhause nicht auf die Nerven gehe.“  Freizeit kennt er nicht wirklich, er arbeitet 6 Tage die Woche. Aber wenn, sind es die Familie und die Freunde, die ihm Freude bereiten.

Eine Kundin steht verzweifelt an der Kasse und rauft sich verlegen die Haare. Sie hat kein Bargeld, um die Kerzen und das Shampoo zu zahlen und Karten werden nicht genommen. Blanks langjährige Mitarbeiterin fackelt nicht lange. „Das schenk ich Ihnen. Und sagen Sie nicht nein, dass akzeptier ich sowieso nicht.“

So funktioniert hier Kundenbindung. Und wirklich. So einen Laden findet man nicht alle Tage.