NDR | 45 Min: Das Milliardenspiel – Brüssel und die Bauern

Ein Film von Klaus Balzer.

York Wollatz ist Bio-Bauer. Circa 130 Hektar bewirtschaftet er im Schleswig-Holsteinischen Dithmarschen, überwiegend baut er Kohl an, aber auch Hafer, Kleegras, Kartoffeln, Mohrrüben. Wie jeder Bauer erhält York Wollatz Agrarsubventionen aus Brüssel – rund 300 Euro jährlich für jeden Hektar, den er bewirtschaftet. Für ihn sind das 66.000 Euro jährlich, ohne die der Bauer nicht existieren könnte. „Je nach Ernteerfolg sind das für mich zwischen 40 und 100 Prozent meines jährlichen Gewinns“, sagt Wollatz. Den er natürlich noch versteuern muss.

Rund 54 Milliarden Euro zahlt die Europäische Union jährlich an Unterstützung für Bauern und für die Entwicklung des ländlichen Raums – Agrarsubventionen. Allein Deutschland erhält mehr als fünf Milliarden Euro, die direkt an die Bauern ausgezahlt werden, sowie 1,3 Milliarden Euro, mit denen landwirtschaftlich geprägte Regionen attraktiv gestaltet werden sollen. Mit diesen Geldern sollen den Bauern die Existenz gesichert und das Leben auf dem Land attraktiver gestaltet werden, um die Abwanderung in die Städte zu stoppen.

Nur: Dieses System funktioniert so nicht. Nur zwei Prozent der Bauern erhalten mehr als 30 Prozent der Gelder, 40 Prozent gelten als „Hartz IV-Bauern, die im Durchschnitt 5000 Euro jährlich an Subventionen bekommen. Dagegen stehen Konzerne, die industrielle Landwirtschaft betreiben und bis zu 32.000 Hektar bewirtschaften und Millionensummen einstreichen. Damit einher geht die Verödung ganzer Landstriche, weil die regional verankerte Landwirtschaft immer mehr zurückgedrängt wird.

Auch die Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums kommen längst nicht immer da an, wo sie hingehören. Kirchengemeinden, Flughäfen, sogar Rüstungskonzerne beziehen Geld aus dem Brüsseler Agrartopf – dabei sollen diese Mittel vor allem der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region und der Ökologisierung der Landwirtschaft dienen.

„Die Politik ist derzeit nicht in der Lage, dagegen anzusteuern“, sagt Bernd Voss, Milchbauer und Landtagsabgeordneter der Grünen in Schleswig-Holstein. „Die Lobbyverbände haben so viel Macht, dass sich Mehrheitsverhältnisse, die die Situation politisch ändern könnten, nicht finden.“